Kleine Herzen voll großer Gefühle

Theresa Hauck, Kleinkindpädagogin

Wissenswertes zur emotionalen Entwicklung von Kleinkindern und zu den Möglichkeiten, sie darin zu unterstützen

Schon frisch geschlüpfte Babys erleben intensive Gefühle, sind aber noch fast zur Gänze auf die Unterstützung von außen – also die Regulation durch ihre Bezugspersonen - angewiesen. Wenn ein Baby laut zu schreien beginnt, dann weiß es selbst nur, dass sich da gerade etwas überhaupt nicht gut anfühlt. Es kann allerdings noch nicht feststellen, wo das Problem liegt und auch nicht, was geschehen müsste, dass es ihm wieder besser geht. Das Baby ist hier ganz auf Mama und Papa angewiesen, die im Idealfall erkennen, was das Baby nun braucht und ihm das auch geben können.

Stress - ein unangenehmes Durcheinander im Kopf

Bei der Geburt sind bei Babys vor allem jene Hirnregionen schon fertig ausgebildet, die sie sehr instinktiv, heftig und rasch auf Impulse antworten lassen. Das Stresssystem von Babys und auch Kleinkindern wird schnell hochgefahren und lässt sie auf vermeintliche Kleinigkeiten stark reagieren. Das ergibt durchaus Sinn: Es schützt sie, verhindert, dass sie übersehen oder vergessen werden, und führt die Bezugspersonen rasch herbei. Bis das Kind Hilfe von Mama oder Papa erhält, geht es ihm aber gar nicht gut. Mit einem voll hochgefahrenen Stresssystem ist nicht zu spaßen! Für die Eltern sind die dann teilweise sehr heftigen Gefühlsausbrüche der Kleinen nicht immer gut nachvollziehbar.

 

Wenn sich ein Kleinkind schreiend und tobend auf den Fußboden wirft, dann tut es das niemals, weil es seine Eltern quälen oder blamieren möchte! Es ist zu 100 % auf deren Fürsorge und Zuwendung angewiesen. Diese möchte es bestimmt nicht verlieren! Das Kind ist lediglich mit der Situation überfordert und braucht Hilfe von Mama und Papa!

 

Kleine Kinder – große Wut

Die „Trotzphasen“ (wie sie früher oft genannt wurden) können bei allen Kindern vorkommen und sind nicht als Hinweis auf falsche Erziehung durch die Eltern zu werten. Nicht alle Kinder durchlaufen diese Phasen jedoch in gleicher Intensität. Manche Kinder reagieren sehr heftig auf kleine Frustrationen, andere wirken allgemein eher gelassen. Erlebt ein Kind immer wieder sehr heftige Gefühlsausbrüche, dann braucht es aber die Unterstützung seiner Bezugspersonen. Die eigenständige Gefühlsregulation kann das Kind dadurch erlernen, dass die Eltern ihm bei negativen Gefühlen beistehen, klar in ihren Forderungen bleiben, aber Verständnis für seinen Frust zeigen. Während eines Wutanfalles helfen keine langen Erklärungen und Argumente. Viel eher sollte man nach dem Prinzip „weniger ist mehr“ vorgehen. Wenige, klare Worte, mit ruhiger Stimme gesprochen, unterstützen das Kind dabei, sich wieder zu beruhigen. Wenn die größte Wut überwunden ist, können Bezugspersonen dem Kind Ideen anbieten, um seine Laune wieder zu heben.

Hier ein kleines Beispiel zu hilfreicher, emotionaler Unterstützung eines Kleinkindes:

 

Ein Ärgernis folgt auf das nächste. Es ist zum Verzweifeln! Erst räumt Mama die Maiskekse weg und sagt, es wären genug gewesen, dann fällt zweimal der Stapelturm um und danach nimmt Mama Felix auch noch das Ladekabel aus der Hand, welches er auf dem Wohnzimmertisch entdeckt hatte. Felix platzt schon fast vor Wut.

 

Wir alle kennen Gefühlszustände wie jenen, in welchem sich Felix in dieser Situation zu befinden scheint. Wir wissen: sich so zu fühlen, das ist mehr als unangenehm! Noch sehr viel unangenehmer als für uns, ist solch ein Empfinden jedoch für den 22 Monate alten Buben, der sich dieser Situation so völlig ausgeliefert erlebt. Er fühlt sich schlecht! Er weiß jedoch weder warum genau das so ist, noch was er dagegen tun könnte. Hier ist Felix noch ganz auf die Regulation und Unterstützung durch seine Eltern angewiesen.

Glücklicherweise hat Felix eine feinfühlige Mama, die das an diesem Tag gleich erkennt, sich selbst emotional gerade gut darauf einlassen kann und ihn fast instinktiv unterstützt.

 

Sie beugt sich zu Felix, der nun stampfend und weinend am Boden steht, hinunter und benennt seine Gefühle mit den Worten: „Oje, das ist kein guter Tag heute. Jetzt bist du schon richtig wütend. Das kann ich an deinem Gesicht erkennen.“

 

Felix bekommt so nicht nur eine Bezeichnung für seinen Gefühlszustand, sondern erhält auch gleich die Rückmeldung darüber, woran andere Personen seine Gefühle erkennen können. Den Gesichtsausdruck von Felix, den seine Mutter beschreibt, spiegelt sie ihm auch zurück. Während sie spricht, verzieht sie ebenfalls Mund und Augenbrauen. Auch dadurch erhält Felix Informationen, die ihm helfen, seine Emotionen besser einzuordnen und zu verstehen.

 

Seine Mama hilft Felix darüber hinaus auch bei der Regulation seiner Wut, indem sie meint: „Ich denke, dann müssen wir etwas Anderes finden, was genauso spannend ist. Das Ladekabel ist gefährlich und kann leicht kaputt werden. Wollen wir vielleicht mal wieder die Schienen aufbauen? Das haben wir lange nicht gemacht.

 

Sie versucht Felix aus der unangenehmen Gefühlslage herauszuhelfen, indem sie ihm etwas Aufmunterndes anbietet, von dem sie annimmt, dass es ihm gefallen könnte.

Das Gesicht von Felix entspannt sich, er schaut seine Mama an, nickt und geht mit ihr zur Spielzeugkiste.

 

Wenn Kinder verstehen, was genau da in ihnen vorgeht, wenn Gefühle sie überkommen, und wenn sie diese auch regulieren können, dann haben die Kinder viele kleine Fertigkeiten erworben, die für ein zufriedenes Aufwachsen in unserer Gesellschaft ganz essenziell sind. So sind sie ihren Emotionen nicht mehr hilflos ausgeliefert, sondern können ihr eigenes Empfinden ganz selbstwirksam mit beeinflussen.

           

Im Alltag ergeben sich immer wieder Situationen, in denen ihr eure Kinder in ihrer emotionalen Entwicklung unterstützen könnt. Einen weiteren kleinen Grundstein legen wir in der Plauderherzen-Gruppe im Biolino. Hier hören und erleben die Kinder, dass es Gefühle gibt, wie sie benannt werden und was man bei schlechten Gefühlen eventuell tun kann, um sich wieder besser zu fühlen.

                                                                     

Wir treffen uns immer dienstags und plaudern darüber, was jeder von uns so auf dem Herzen hat. Alle Infos zu meiner Plauderherzen Gruppe findest du hier. Und meine Kinderspaß Gruppe findest du hier

 

Kommt vorbei, ich freu mich auf euch!

Theresa

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